Ich hatte sie immer, diese Vision von mir selbst.
Diese Frau in meinem Kopf –frei, kraftvoll, mutig, klar.
Sie war wild und weich zugleich.
Sie wusste, wer sie ist, und noch mehr:
was sie nie wieder sein will.
Ich hab sie gesehen – in Tagträumen, in Fantasien, in den Momenten, in denen ich für
einen winzigen Augenblick vergessen habe, wie sehr ich mich selbst verstecke.
Und gleichzeitig dachte ich:
„Das bist du nicht. Das kannst du nicht sein. Nicht du.“
Denn mein echtes Leben war das Gegenteil dieser Vision.
Ein System aus Schuld, Anpassung, Druck.
Ein familiäres Fundament, das auf Angst gebaut war:
Nicht auffallen. Nicht fühlen. Nicht frei sein.
Ich war das angepasste Mädchen.
Die stille Tochter.
Die, die gelobt wurde, wenn sie still war.
Die, die sich in ihrem Zimmer versteckt hat, damit sie niemanden stört.
Damit niemand wieder wütend wird.
Damit niemand merkt, wie sehr sie eigentlich schreien wollte.
Und wenn ich es doch getan habe – wenn ich rebelliert habe – dann kam der Ärger.
Die Enttäuschung. Die emotionale Strafe. Das Gefühl, ich sei falsch.
Ich lernte:
Sei still. Sei gut. Sei klein.
Später wurde ich zur kämpfenden Mutter. Stark für andere.
Unsichtbar für mich selbst.
Immer auf der Hut, immer belastbar, immer im Dauerdienst – körperlich und
emotional.
Und irgendwann war da nur noch Leere. Oder Wut. Oder Schuldgefühle.
Oft alle drei auf einmal.
Nicht auf einen Schlag – aber Stück für Stück hat sich etwas in mir gewehrt.
Eine Stimme, die sagte:
„Jetzt reicht’s. Jetzt bin ich dran.“
Kein lauter Schrei. Sondern ein klarer Schnitt. Nicht gegen jemanden.
Sondern für mich.
Ich habe angefangen, mein Verhalten zu hinterfragen.
Meine Kommunikation zu verändern.
Meine Grenzen zu definieren.
Ich habe mich mit meinen Kindern anders verbunden.
Nicht mit Kontrolle, Konsequenzen oder Strafen – sondern mit Beziehung.
Mit echter Präsenz. Mit mir. Und ich habe aufgehört, für alle zu funktionieren.
Ich habe begonnen, mich selbst ernst zu nehmen.
Und damit alles verändert.
Ich bin nicht mehr die Vision von früher.
Ich bin die Frau, die sie lebt – jeden Tag ein Stück mehr.
In echten Momenten. Nicht perfekt, aber authentisch.
Nicht immer leicht, aber wahr. Ich lache laut. Ich weine, wenn’s nötig ist.
Ich tanze mit meinen Kindern in der Küche. Ich halte aus, wenn’s im Kopf tobt.
Ich sage Nein. Ich sage Ja. Ich sage:
„Ich bin da. Für mich. Und für euch.“
Ich bin kein Ideal.
Ich bin kein Produkt eines Selbstliebe-Kurses.
Ich bin eine Frau, die sich selbst aus der Tiefe gezogen hat.
Weil niemand sonst es für sie tun konnte. Ich bin kein fertiges Kunstwerk.
Aber ich bin auch kein Rohbau mehr.
Ich bin ein Zuhause –
für mich,
und für meine Kinder.
Dann hör auf, zu zweifeln.
Hör hin. Du hast nicht zu viel gefühlt. Du hast einfach nur zu lang geschwiegen.
Deine Vision ist keine Spinnerei.
Sie ist der Ruf deines echten Ichs.
Und du bist bereit, ihr zu folgen. 🖤